Waiblinger Kreiszeitung vom 15.1.2007

Stadt Waiblingen

Ungebetene Gäste auf dem Dachboden

Von unserer Mitarbeiterin Kathrin Brenner

Waiblingen-Bittenfeld.


Martes foina, auf Deutsch Stein- oder Hausmarder, heißt der ungebetene Gast, der in Bittenfeld sein Unwesen treibt. Er nistet sich in Garagen ein, macht nachts großen Lärm und raubt Vogelnester aus. Für einige Bittenfelder wurden die Tiere inzwischen zur Plage. Von den Behörden fühlen sich die
Geplagten allein gelassen.
Hans und Margot Holste aus Bittenfeld können ein Lied singen vom Leid mit dem Marder. Schon seit vielen Jahren treibt das Raubtier sein Unwesen. „In den letzten vier Jahren ist es ganz extrem geworden“, sagt die 66-jährige Margot Holste.
Zwischen 23 und fünf Uhr mache der Marder Lärm auf dem
Dach, auch die Nachbarschaft sei betroffen. Es gäbe mehrere
Marder im Viertel. „Wenn ein Marder weggeht, kommt sofort
ein neuer nach“, berichtet Holste.
Am schlimmsten finden sie und ihr Mann, dass das Tier die
Singvögel frisst. „Er bricht sogar diese Nistkästen auf“, sagt
Hans Holste und zeigt auf ein Vogelhäuschen aus Beton mit
verriegelter Klappe. „Die Viecher sind schlau. Früher gab es
viele Singvögel in unserem Garten, aber heute ist es recht still
geworden. Auch die Vogeltränke ist verwaist. Das ist eine
Plage“, fügt der 65-Jährige hinzu.
Der Stein- oder Hausmarder ist ein Allesfresser, der sich von
Kleintieren, zum Beispiel Nagetieren, ernährt, aber auch
Früchte und Vögel zu seinem Speiseplan zählt. „Das Problem
ist, dass der Marder keine natürlichen Feinde mehr hat“, sagt
Hans Holste. So könne sich das Tier ungestört vermehren. Der Steinmarder fällt unter das Jagdgesetz. Das bedeutet, dass er nicht privat gefangen oder getötet werden darf. „Uns sind dieHände gebunden“, meint Margot Holste.

„Wir mussten das ganze Dach erneuern“

Auch die Nachbarn wurden von Mardern belästigt. Bei Erika
und Hermann Vierling hatte sich ein Marder im Garagendach
eingenistet. „Wir mussten das ganze Dach erneuern“, berichtet Erika Vierling, „was da alles zum Vorschein kam: Kot, Knochen, Federn, Brotreste, Dreck aller Art fanden wir im
Marderversteck.“ Sie und ihr Mann klagen zudem über den
nächtlichen Lärm und das Verschwinden der Singvögel. „Das
ist schon schlimm“, sagt Vierling.
Nichts anderes hört man von Familie Penzenstadler, die
ebenfalls in Bittenfeld wohnt. „Es ist katastrophal, einfach
fürchterlich“, meint Ilka Penzenstadler. Sie erzählt von
Mardern im Keller, von angebissenen Fahrradreifen und von
einer Katze, die vom Marder gebissen wurde. Auch von vier
Marderschäden im Ortskern von Bittenfeld hat die Frau gehört.
„Aber was will man machen, man darf ja nichts machen. Nur
alles vollständig abdichten“, sagt sie. In der Tat können die
Tiere durch sechs Zentimeter große Löcher hindurch. Noch
etwas hat die Bittenfelderin beobachtet: „Die gucken einen
richtig an, die haben keine Angst mehr vor Menschen.“
Das Ehepaar Holste hat sich daher bereits an den
Naturschutzbund Deutschland (NABU) und an das Staatliche
Forstrevier gewandt. „Der NABU sagt, die Natur reguliere sich
selbst“, sagt Hans Holste. Vom Staatlichen Forstamt kam ein
Brief: Die Forstbehörden seien nicht für den Innenbereich,
sondern ausschließlich für die Wälder zuständig. Es leitete den Brief an den Umweltbeauftragten der Stadt Waiblingen, Klaus-Bernd Läpple, weiter. Dieser wiederum verwies an die
Naturschutzbehörde beim Landratsamt. Sie müsse beurteilen, ob es sich um eine Plage handele. „Meiner Meinung nach kann man von einer Plage sicherlich nicht sprechen“, meint der Bittenfelder, der selbst schon Marder im Haus hatte. Dagmar Wulfes, Geschäftsführerin des Kreisjagdamtes, rät auf WKZ Anfrage:
„Man muss den Mardern den Wohnraum nehmen,
indem man alles abdichtet. Es bringt nichts, Marder zu fangen.
Es kommt sofort ein neues Tier nach.“
Abdichten, das hat das Ehepaar Holste längst versucht -
vergeblich. Hans Holste wünscht sich vor allem eins: „Die
Marder sollen nur meine Vögel in Ruhe lassen.“