Der Wanderfalke

Oder: Keine Stöcke, kein Rucksack?

Mit „ja wo isser denn?“ und „duzi-duzi“ erblödet man sich oft zu kleinen Kindern im Kinderwagen zu sagen, obwohl man a) sieht, dass das Balg im Wägelchen liegt und b) weiß, dass es nicht antworten kann.

Allerdings muss ich sagen, dass mich die Wo-Frage schon wochenlang plagt, ohne beantwortet gewesen zu sein, die Frage nach den Wanderfalken im Weilermer Steinbruch.

Bestens ausgerüstet, mit geschärftem Blick und perfekten Orientierungshinweisen meiner lieben NABU – Brüder, stand ich mir stundenlang die Haxen in den Bauch und vernahm das ganze Spektrum der Natur.....nur nicht die Falken!

Das entmutigte mich aber nicht, und als man mir androhte, den Nistplatz vor Ort zu zeigen, erwachte in mir der kaum vorhandene Ehrgeiz. Ich habe ja eine gute „Lehrzeit“ hinter mir und wollte selber groß sein, denn auch der Wanderfalke ist ja nicht gerade ein Wintergoldhähnchen.

Ein weiterer Hinguck brachte nicht den erhofften Erfolg, und ich musste des nachts wieder stumm und bitterlich in mein panikdurchschwitztes Kopfkissen weinen. Gut, das war jetzt ein Spässle, ich habe geheult wie ein Schlosshund! Ausgerechnet mir, dessen Spiegelbild mir jeden Morgen stolz verkündet: „William Otto Horst Patrick, ich glaube an Dich, Du wirst einmal ein großer Ornithologe!“ Das kann schon sein, aber das dauert noch 50 Jahre, und als Mumie kann man einfach nichts mehr dazulernen. Und das pickelige Spiegelbild hat mir auch vor 47 Jahren versprochen, dass ich mal hübsch werde....

Nun ist es so, dass sich meine liebe Frau nichts aus „Stehwanderungen“ macht und deshalb auch nicht gerne zu vogelkundlichen Wanderungen mitgeht. Gestern Abend konnte ich sie aber überreden, nach Weiler mitzugehen. „Blooß a‘ Viertlstündle, versprochen!“

Die Vogelwelt war super aufgelegt, als wir ankamen. Es tschilpte, sang und trötete von allen Bäumen, und ein Buntspecht klopfte sogar noch den Takt dazu. Es hat mich überrascht, wie es im Gegensatz zu den Mittagen belebt war. Auch ein paar nette, interessierte Leute waren unterwegs, die nach einem kurzen Gespräch weitergingen. So waren wir allein.

Mit uns.

Mit den Singvögeln.

Mit der Natur.

„Do isch‘r doch!“ ruft meine Holde erfreut, zeigt nach vorn auf die Felswand und hat nicht einmal ein Fernglas in der Hand.

Und tatsächlich schwebt – vermutlich – das Männchen auf die Felswand zu und schreit sein Frauchen an. Nun sehe ich auch sie und den Nistplatz!! Da kommt bei mir aber so dermaßen Freude auf, dass meine Frau heute noch Probleme mit den Hautabschürfungen hat... Klar, das ist jetzt Quatsch! Es ist aber schon eigenartig mit den Frauen: Sie bringen uns Männern einfach nur Glück!!

Und ein neues Kopfkissen habe ich jetzt auch....


2008_04_15 / w.p.