Lebe jetzt?

Oder: Heute im Buchladen

Wenn man es genau nimmt, könnte ich ja alle Bücher der Welt adoptieren: Ich bin ein Büchernarr! Ehrlich! Und es gibt außer Sport und Promis eigentlich keine Richtung, die mich nicht interessiert.

So stehe ich heute im Buchladen und schau’ mich, während der gute Mann meine Wünsche (aha, mehrere!) notiert, etwas um. Ach, was es so alles zu lesen gibt!

Bildbände über Feuerland, Südtirol und den Ural, Südafrika und den Nordpol. Romane, Krimis, Ergüsse von Politikern, ehemaligen Politikern, von Geistesgrößen und von solchen, die sich dafür halten, kurzum, lauter schön bedrucktes Papier.

In Buchform.

Dick, dünn, gebunden, gelumbeckt (!) mit hartem oder weichem Deckel, die volle Freude des Bücherwurms.

Und da mein Blick so für sich hinschweifte, war ja mein Hirn auch irgendwie mit den Augen verbunden und erkannten so im Schweifen den Buchtitel: „Lebe jetzt!“

..........

Mhmm, was sonst?

Sonst könnte ich das ja „jetzt“ gar nicht lesen. Und begreifen.

Ja, und ab da wird es schon schwieriger!

Als jemand mit einer philosophisch perfekt ungeschulten Unwissenheit muss ich mir da schon meine Gedanken machen.

Lebe jetzt! Hm, das steht ja dort noch immer! Ich habe aber schon vor 30 Sekunden dorthin geschaut und gelebt. Und als der Buchhändler hinter der Theke mit dem Notieren fertig war, habe ich noch mal rübergeschaut. Und ich habe jetzt gelebt!

Gut, dem Buch war das egal. Und dem Autoren auch, allerdings wohl weniger, wenn ich sein Buch nicht kaufen würde. Ha, dann muss er gucken, wie er (über) lebt! Er hat es wohl geschrieben, dass er jetzt gut davon leben kann.

Na ja, wird so mancher sagen, das ist jetzt ein Vorurteil, der William hat das Buch ja noch nicht gelesen – nicht einmal durchgeblättert!

Richtig! Mir geht es nicht um das Buch, mir geht es um die Aussage, ja den Befehl : „Lebe jetzt!“

Nun habe ich die ganzen Zeilen vollgetippt, lebe noch und kann zusehen, wie ich „jetzt“ lebe. Wann, frage ich mich ernsthaft, soll ich denn sonst leben? Gestern? Na gut, viele leben noch in den „ewiggestrigen“ Zeiten, und für manche, muss ich ganz ehrlich sagen, kommt der Aufruf gar Jahrtausende zu spät! Das hätte der Schreiber ja auch mal berücksichtigen können, oder?!

Wenn ich nun aber nicht nur jetzt, sondern auch noch nachher leben möchte? So wenigstens die berühmten „ein paar Jährchen noch“? Mit „jetzt, jetzt, jetzt“ ist das nicht so einfach abgetan!

Ich habe schon vor Jahren gelebt und das werfe ich nicht weg! Und ich hoffe, dass mir der ältere Herr da oben zum „Jetzt“ auch noch das „Morgen und Übermorgen“ schenkt!

Denn, wenn ich nur gelebt hätte, als ich das „Lebe jetzt!“ las, dann wäre das doch ein verdammt kurzes Leben gewesen!!


Gell??!!


2008_11_13/w.p.