Zeit

Oder: Vierundzwanzig Stunden sind genug?

Heute habe ich wieder so ein Gefühl, dass die Zeit immer schneller rennt. Es gibt solche Tage, da denkt man morgens: "Ach, ist das schön, jetzt habe ich so viel Zeit, um Dies und Jenes zu erledigen, ich muss ja erst um Fünf zum Friseur."

Es ist jetzt halber Sechse!

Und der Tag ist fort. Gut, es ist noch der Abend da, aber der nimmt nach dem Vesper ab wie früher das Fahrkartenblöckle des Schaffners in der vollbesetzten Straßenbahn.

Der Herrgott gibt ja jedem um Mitternacht wieder vierundzwanzig Stunden, mit denen er machen kann, was er will. Manche schenken ihre Zeit zum großen Teil ihrem Arbeitgeber, zumindest wochentags, einige sind schon zu Mittag ratzeldicht, dass sie eh‘ vom Rest des Tages nichts mehr groß mitbekommen und die Kinder, ja, die Kinder genießen noch einen richtig laaangen Tag!

Wenn man gesund ist und keine großen Verpflichtungen hat, schenkt man den Tag auch seinem Partner, seiner Partnerin, und macht sich sprichwörtlich "einen schönen Tag". Andere haben Pech und es erwischt sie schon früh um kurz vor sechs und das ganze Leben ist vorbei. Natürlich, aussuchen kann man sich das nicht. Und die Uhr anzuhalten, um Zeit zu sparen, ist auch dämlich, denn Milliarden andere laufen weiter. Die Zeit auch! Halt!

„Die Zeit läuft!“, so sagt man allenthalben. Aber kann es nicht sein, dass die Zeit einfach nur so da ist, und die Uhr läuft? Oder gibt es überhaupt „die Zeit“? Ist es nicht einfach „das Jetzt, der Moment“? Wir sind aber auf „die Zeit“ angewiesen, sie bestimmt unser Leben, unseren Rhythmus.

Also muss man eine Möglichkeit finden, die Zeit besser zu nutzen, sie intensiver zu erleben, ausgiebiger von ihr zu profitieren. Na, das wird nicht einfach, Sekunde bleibt Sekunde und Tag bleibt Tag!

Ich kann doch aber nicht einfach mal auf einen Stuhl sitzen, ein Loch in die Luft starren, nur um zu erleben, wie langweilig das ist! Wie langsam da die Zeit vergeht. Und dann noch alle 3 Minuten auf die Uhr zu schauen, oder was. Diese x-mal drei Minuten kann ich effektiver nutzen! Oder gar extra in das Wartezimmer eines Augenarztes zu sitzen, wo es sich oft auch ziemlich hinzieht, bis es heißt (komisch, jetzt müsste eigentlich "der Nächste, bitte" kommen, obwohl ich das noch nie gehört habe) "Herr Patrick, bitte!"

Was tun?

Es gilt wohl, dass man nicht den Tag sieht. Man kann auch nicht die Zeit sehen, wenn sie als Uhrzeit gemeint ist. Die ist nur dazu da, damit man sich zeitlich abstimmen kann. Damit die Bahn weiß, wann sie in Winnenden ankommen sollte. Und damit ich weiß, dass es 18:01 Uhr ist und nicht 17:59 Uhr, wenn ich vor meinem geschlossenen Metzgerladen stehe.

Es wird im Endeffekt darum gehen, dass man seine ganze Lebenszeit mit einbezieht, Vergangenheit, Gegenwart und auch die Zukunft, die - eingestanden -  etwas ungewiss für jeden ist. Doch wenn man mal Richtung Rente hin altert, sind das doch viele, viele Stunden, die man erlebt hat und dann kommt es in der Summe an sich auch nicht auf ein paar Turbotage an. Gell??!!

Und nun denke ich, es ist eigentlich müßig, über Zeit nachzudenken: Man verbraucht zu viel dabei.

2009_03_03/w.p.