Federvieh

Morgens, 7 Uhr 45, es klingelt an der Haustüre! Na, der Schornsteinfeger kann es noch nicht sein, der kommt erst um elf. Der Gerichtsvollzieher? Ich bezahle immer pünktlich und Schulden habe ich keine, weder pekuniäre noch moralische. Nehme ich an.

Oh, der Nachbar mit einer Reisschale! Das ist nicht ungewöhnlich, denn er hat vietnamesische Wurzeln und pflegt auch selbst zu kochen. Doch um diese Uhrzeit?

Ja, jetzt guck! In der Reisschale hat er auf einem Papiertuch eine junge Kohlmeise gebettet, die kräftig mit den Beinchen zuckt und sehr, sehr grätig dreinschaut. Nun bin ich ja, dank Werner und Rainer vom NABU, so langsam den Umgang mit jungen Vögeln gewohnt und habe keine Scheu mehr davor, sie anzufassen.

Doch, das Federknäuel macht einen munteren Eindruck, so dass ich mir keine Sorgen zu machen brauche. Er (ja „er“, es sind immer die Jungs, die sich zuerst was trauen!) war wohl auch schon neugierig, wie die Welt außerhalb seines Holzkastens aussieht. Trotzdem setzte ich ihn wieder in die Kiste zurück und kurz danach kam schon wieder ein Altvogel. Komisch ist nur, dass unterhalb des Nistkastens ein großer Pflanztrog ist, er muss also schon mit Schmackes zum Flugloch herausgehüpft sein.

Männo, denke ich, wenn der Knabe (oder doch das Mädle?) aus meinem Nistkasten gefallen ist, dann sind das in der Direttissima gute fünf Meter Fallhöhe. Auf meine Größe bezogen, ich bin gut und gerne 30 mal so groß wie dieses Wolleböbbele, wäre ich aus dem Bett 150 m tief gefallen!

Ganz ehrlich, da sähe ich aber anders aus!

19.05.2011/w.p.